Wird bei Google nach „web vs desktop“ gesucht, wird dem Leser schnell klargemacht, dass die Web-Anwendung gegenüber der Desktop-Anwendungen die bessere Wahl sei. Aber ist das wirklich so? Ist die Schlacht bereits geschlagen und von den Web-Apps gewonnen worden? In einigen Fällen bestimmt. Wer möchte schon im Netz eine Anwendung herunterladen, um diese dann zu installieren und dort „web vs desktop“ einzugeben, nur um dann nur auf die Anzahl an Ergebnissen zurückgreifen zu können, die man schon heruntergeladen hat? Die Vorstellung von Google als reine Desktop-Anwendung ist eher abschreckend.
Aber die typische Desktop-Anwendung ist lange noch nicht ausgestorben. Obwohl die Nachfrage nach webbasierten Lösungen weiter steigt, sind unsere Desktop-Gewohnheiten nach wie vor tief verwurzelt. Unsere Taskleisten sind immer noch mit heruntergeladenen Anwendungen übersät – von Word, Powerpoint und Co. über inDesign bis hin zu Slack.
1. Web vs. Desktop: was heißt das überhaupt?
Bevor wir den Wettkampf zwischen Web- und Desktop-Anwendung näher betrachten, ist es wichtig erst einmal klar zu definieren, was mit den jeweiligen Begriffen überhaupt gemeint ist.
Wie der Name schon verrät, sind Web-Anwendungen oder auch webbasierte Anwendungen, Programme, auf die online zugegriffen wird. Web-Anwendungen werden typischerweise über einen Browser aufgerufen, beispielsweise Chrome, Firefox oder Explorer. Dabei müssen die Web-Anwendungen nicht auf dem Rechner des Nutzers installiert werden. Die Anwendung als solche liegt dabei auf einem Remote-Server und wird typischerweise über ein HTTP Protokoll auf den Anwenderrechner übertragen. Dabei wird die Webanwendung NICHT lokal auf dem Rechner des Anwenders installiert.
Im Gegensatz dazu werden Desktop-Anwendungen lokal auf dem Rechner installiert. Alle Ressourcen, die zur Ausführung dieser Anwendung notwendig sind, sind dabei lokal auf dem Rechner verfügbar. Damit Desktop-Anwendungen einwandfrei funktionieren, sind sie auf das Betriebssystem festgelegt. Wer in den ersten Tagen von Microsoft Office Programmen versucht hat, Word auf einem Mac zu installieren, wird die Problematik bestens nachvollziehen können.
Prinzipiell ist die Bereitstellung von Software über einen Webbrowser die modernere Variante. Nichtsdestotrotz haben beide Methoden Ihre Vor- und Nachteile, die eine genauere Betrachtung lohnenswert machen.
2. Vorteile der Desktop-Anwendung
Nicht auf einen Internetzugang angewiesen
Dass man mit einer Desktop Anwendung nicht auf einen Internetzugang angewiesen ist, mag zwar banal klingen, weil es letztlich der Hauptunterschied zu einer Web-Anwendung ist. Dennoch birgt diese Freiheit vom Internet einige Vorteile. Desktop-Anwendungen sind normalerweise schneller. Sie sind nicht auf die Geschwindigkeit der Internetverbindung angewiesen – gerade in Deutschland ein Vorteil. Beispielsweise könnte man eine Desktop-Anwendung, wenn sie auf einem Laptop installiert ist, auch noch im tiefsten Nirgendwo nutzen.
Gleichzeitig ist die Unabhängigkeit vom Internet auch langfristig vorteilhaft. Da Desktop-Anwendungen lokal installiert werden, müssen sie nicht zwangsläufig auf einem Server gehostet werden. Auch wenn Web-Hosting inzwischen relativ günstig geworden ist, entfällt dieser Kostenfaktor bei Desktop-Anwendungen komplett.
Zusammenarbeit zwischen Soft- und Hardware
Desktop-Anwendungen werden auch native Anwendungen genannt und das nicht ohne Grund. Denn: Desktop-Anwendungen sind auf dem installierten Betriebssystem zu Hause. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Desktop-Anwendung die Hardware-Komponenten des Rechners auf dem sie installiert ist, besser anspricht und dementsprechend deutlich flüssiger läuft, ist hoch. Eine native Anwendung kann außerdem auf Hardware-Komponenten zugreifen, was für eine flüssigere User Experience sorgt. Desktop-Anwendungen sind eben nicht nur „wie dafür gemacht“, sie sind dafür gemacht.
Kontrolle
Desktop-Anwendungen erlauben eine vollständige Kontrolle über die Datenspeicherung der Applikation. Lokale Installation = lokale Datenablage. Obwohl es inzwischen eine große Auswahl an Möglichkeiten gibt, um Daten zu verschlüsseln, ist eine rein lokale Anwendung vermutlich sicherer. Vorausgesetzt, die Anwendung stammt nicht von einer zwielichtigen Seite aus dem Internet.
3. Nachteile der Desktop-Anwendung
Native Applikationen sind durch Hardware beschränkt
Obwohl die auf die Hardware angepasste Entwicklung, der Desktop-Anwendung gerade noch zum Vorteil ausgelegt wurde, ist sie auch der erste zu nennende Nachteil. Diese Anpassung an das Gehäuse führt auch zu einer Hardware-Abhängigkeit. Gibt es beispielsweise nicht genug Speicherplatz, so können eventuelle Erweiterungen nicht mehr realisiert werden.
Desktop-Anwendungen sind auf einen einzigen Rechner beschränkt
Eine Desktop-Anwendung ist auf einen einzigen Rechner beschränkt. Sobald sie installiert wurde, ist der Anwender darauf angewiesen, das Gerät immer dabei zu haben. Mit anderen Worten: eine native Anwendung ist zwar immer offline verfügbar, allerdings auch NUR offline verfügbar. Der Zugriff auf eine lokale Anwendung von einem anderen Gerät aus ist ohne Internet unmöglich.
Installation
Desktop-Anwendungen müssen installiert werden. Da führt im Grunde kein Weg dran vorbei. Zwar ist der Installationsprozess bei den meisten Desktop-Anwendungen inzwischen extrem einfach gestaltet, trotzdem ist eine Installation immer eine Hürde für eventuelle Nutzer. Da Web-Applikationen heutzutage häufig den Anmeldeprozess über Drittanbieter wie Facebook oder Apple-ID abwickeln, wirkt der Download und die Installation einer Desktop-Applikation wie eine echte Herausforderung.
Entwicklungs- und Wartungskosten
Die Entwicklungs- und Wartungskosten für eine native App sind vergleichsweise höher. Die Anwendung muss für jedes Betriebssystem individuell entwickelt werden. Das Gleiche gilt für die Wartungskosten von Desktop-Anwendungen. Diese muss am Rechner, an dem das Programm installiert ist erfolgen und dementsprechend vor Ort. Eine Desktop-Anwendung ist in dem Fall vergleichbar mit einer physischen Maschine.
4. Vorteile der Web-Anwendung
Zugriff
Zugriff, immer und von überall (zumindest solange es eine Verbindung zum Internet gibt) und das Ganze auch noch mit mehreren Nutzern gleichzeitig. Alles unabhängig von der verwendeten Hardware. Das ist wahrscheinlich der größte Vorteil der webbasierten Anwendung gegenüber einer Desktop-Anwendung. Insbesondere eine Multi-User Fähigkeit und die Möglichkeit, gleichzeitig innerhalb eines Programmes zu arbeiten, macht Web-Anwendungen im heutigen Zeitalter so attraktiv. Darüber hinaus bietet der Einstieg über verschiedene mobile Endgeräte den Vorteil, nicht immer genau das eine Stück Hardware mit sich tragen zu müssen.
Nichts herunterladen, nichts installieren
Webbasierte Anwendungen benötigen keinen Download und auch keine Installation. Wie bereits erwähnt, läuft heutzutage sogar die Anmeldung auf webbasierten Anwendungen häufig über Drittanbieter wie Facebook oder Apple-ID. Das bedeutet, dass die Einstiegsbarriere für Anwender bei Web-Anwendungen deutlich niedriger angesetzt ist. Ebenso erhöht das die einheitlichere User Experience, da kein Bruch in der User Journey stattfindet.
Entwicklungs- und Wartungskosten
Web-Anwendungen müssen im Gegensatz zu Desktop-Applikationen nicht für verschiedene Betriebssysteme entwickelt werden. Üblicherweise wird nur geschaut, dass es eine Kompatibilität mit den gängigen Browsern wie Chrome, Firefox, Safari oder Explorer gibt. Dementsprechend sind die Entwicklungskosten für Webanwendungen normalerweise niedriger. Gleiches gilt für die Wartungskosten. Dadurch das die Wartungsarbeiten nicht an jedem Gerät sondern einmalig an der Anwendung auf dem Server vorgenommen werden können, verringern sich die Wartungskosten um ein Vielfaches.
5. Nachteile der Web-Anwendung
Benötigt immer eine funktionierende Internetverbindung
Das stimmt zwar nicht ganz, denn es gibt inzwischen auch Teile von Web-Anwendungen, die in einem Offline Modus verfügbar sind. Dennoch bleibt eine Web-Anwendung eine Web-Anwendung und diese findet im Web statt. Und um darauf zuzugreifen braucht es eine funktionierende Internetverbindung. Da es heutzutage aber fast überall Internet gibt, ist das in den meisten Fällen kein wirkliches Hindernis mehr. Eine wichtige Anmerkung ist allerdings, dass eine langsame Internetverbindung wahrscheinlich auch zu einer schlechten User Experience führt.
Datensicherheit
Das Potenzial für Sicherheitslücken innerhalb von Web-Anwendungen ist definitiv höher – gesetzt dem Falle, die Desktop-Anwendung wurde nicht von einer zwielichtigen Seite heruntergeladen. Das liegt daran, dass die Daten in der Cloud gehostet werden. Ein bekanntes Beispiel für einen Hacker Angriff auf eine Cloud ist der Angriff auf die iCloud 2014, als privates Material von Prominenten im Netz veröffentlicht wurde. Eine On-Premise-Installation ohne Verbindung zum Internet hätte dieses Problem nicht.
6. Fazit
Die Frage danach, was denn nun die bessere Wahl ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Auch wenn die Antwort „Es kommt drauf an“ sich wie eine abgedroschene Phrase anhört, ist es in diesem Fall dennoch die richtige Antwort.
Ist eine flexible Anwendung gewünscht, auf die mehrere Nutzer von verschiednen Geräten aus zugreifen können und die insgesamt etwas günstiger ist? Dann ist eine Web-Anwendung auf jeden Fall die richtige Wahl.
Soll die Anwendung auf vorhandene Hardware zurückgreifen, extrem schnelle Leistungen abrufen können und die produzierten Daten sollen sowieso nur lokal abgelegt werden können? Dann ist die Desktop-Anwendung zu empfehlen.